Zu den Basics…
Verpflichtend sind für Humanmedizin-Studierende grundsätzlich 12 Wochen Famulatur. Diese gliedern sich in jeweils 4 Wochen Innere Medizin (Fächer wie Gastro, Pulmo, Kardio, Nephro, Onko, Angiologie, Endokrinologie, Diabetologie…), Primärversorgung (in einer Allgemeinmedizin-Praxis, Notaufnahme/Unfallchirurgie) und Wahlfächer (für eure kühnsten Träume! – empfohlen sind aber chirurgische Fächer).
Soweit sogut.
Was müsst ihr noch beachten? Die Famulaturen können erst ab bestandener SIP1 (A +B), abgelegtem Famulaturpropädeutikum (Ärztl. Gesprächsführung, PKU, ÄGF) und nur im Zeitrahmen von 2 oder 4 (nicht 3!!) Wochen angerechnet werden. Du darfst schon davor famulieren gehen, kannst dir diese Famulaturen aber nicht eintragen lassen – sie sind dann quasi freiwillig.
Weil wir aber im Zeitalter der Globalisierung, des Reisefiebers und der “unbegrenzten Möglichkeiten” leben, stellt sich vielen schon bei der ersten Uni-Führung die Frage: Kann ich ganz bald ins Ausland gehen? Meinen Erfahrungsschatz erweitern? Und wie geht das eigentlich mit der Sprache?
Wir sind ja im Wiener Studienplan fast bis zu den Tertialen im 5. Jahr an unsere geliebte Alma Mater gebunden. Da bieten Famulaturen eine wunderbare Möglichkeit, Erfahrungen in anderen Gesundheitssystemen zu sammeln, Arbeit mit Reisen zu kombinieren oder Sprachkenntnisse aufzufrischen. Für einen Einblick in Ablauf und Tücken einer solchen Auslandsfamulatur gibts hier einen kleinen Erfahrungsbericht von meinem Aufenthalt in Frankreich:
Aus romantischer Naivität, Abenteuerlust und Fernweh habe ich mich also Anfang des Jahres 2016 entschieden meine allererste Famulatur auf der Gastro im Ausland zu absolvieren. Ich hatte damals das Glück eine Familie in Südfrankreich zu kennen, deren Eltern im dortigen Krankenhaus arbeiten und mir so viel vom Organisatorischen abnahmen.
Was für mich also noch blieb: überprüfen, ob mein Krankenhaus in der Liste der Einrichtungen des Vizerektorats schon eingetragen war (nein) und es in weiterer Folge mit so vielen Infos zu Bettenzahl, Struktur etc. wie möglich in der Studien- und Prüfungsabteilung einzureichen. Nach vielem Hin und Her wurde das Krankenhaus schliesslich anerkannt.
Nächste Hürde und soweit ich weiß Spezialfall in Frankreich: Alle ArbeitgeberInnen brauchen dort ein Dokument namens “Convention du stage”, eine Praktikumsvereinbarung sozusagen, die die rechtlichen Beziehungen zwischen Krankenhaus, Studierendem bzw. Studierender und Uni regelt. Alles easy dachte ich, aber nix da! Die Franzosen wolltens natürlich auf Französisch, liessen sich nach diversen zum Ende hin flehenden Mails auf Englisch vertrösten, die gute MUW unterschreibt aber nur deutsche Versionen, Englisch maximal beglaubigt übersetzt. Da half nur noch etwas unorthodoxe Improvisation. Es lebe die Bürokratie!
Dann waren aber endlich alle Präparationen abgeschlossen, das Abflugdatum rückte näher und bei mir kamen erstmals Gedanken zur Machbarkeit dieses ganzen Vorhabens. Schaffe ich es mich dort medizinisch zurechtzufinden? Wie geht noch mal dieses Blutabnehmen? Und krieg ich das sprachlich hin? Wie soll ich ein Anamnesegespräch führen, bei dem ich die Hälfte nicht verstehe?
Mit einem “Französisch für MedizinerInnen” und einem Anki-Deck mit Fachbegriffen bewaffnet zog ich also hochnervös los. Und ich muss sagen, die ersten 10 Tage waren schrecklich. Ich musste permanent im Kopf mitübersetzen, was Reaktionsgeschwindigkeit und scharfsinnig-diagnostischen Überlegungen natürlich nicht unbedingt förderlich war. Die AssistenzärztInnen , denen ich zugeteilt war, waren sehr kompetent, nahmen mich aber nicht besonders ernst, mein Steckenpferd – der PatientInnenkontakt – kam mir vor allem im palliativ-Teil der Station meilenweit entfernt vor und jeden Abend fiel ich komplett fertig ins Bett.
Aber ich hab das durchgestanden, es wurde besser. Mein Französisch flüssiger, die Gespräche und Annäherungen an PatientInnen immer mehr, mein Nachfragen direkter, fachlicher und auch (höflich!) fordernder, wenn es um Operationen, Sprechstunden, Schichten im Labor für die externen Blutabnahmen oder auf der Patho ging, zu denen ich mitgehen wollte. Ich hatte auf einmal nebenbei noch Zeit und Energie die Gegend zu erkunden, zum Strand zu fahren, am Wochenende sogar surfen zu gehen und fragte mich immer öfter: Was ist das eigentlich für 1 life!?
Und so zog ich nach diesem Monat (und einem kleinen Abstecher auf den Jakobsweg 😉 ) wieder Richtung Heimat, mit den eigentlich durchwegs positiven Erinnerungen meines herrlich selektiven Gedächtnisses. Ich bin im Nachhinein wirklich stolz, dass ich das durchgezogen habe und würde es – vor allem mit diesen Golden Rules – sofort wieder machen:
- bei den Famulaturen bist du der King/die Queen
Klar wirst du nicht so ernst genommen, aber hey, siehs positiv – du hast noch quasi keine eigene Verantwortung und fragen kostet nix! Nutz das komplett aus!
Überall einbauen, überall mitgehen, überall fragen ob man vielleicht auch mal darf. - very very recommended: Inhaltlich & sprachliche Vorbereitung
Französisch/Englisch/Spanisch/Schwedisch/Altgriechisch für MedizinerInnen – Kurse gibts fast für jede Sprache, hilft auch bei Anamnesefragen und Co. super weiter. Auf der Gastro die Darmabschnitte kennen übrigens auch. - von schwierigen Phasen am Anfang nicht entmutigen lassen
- (besser als jeder Rausch:) Endorphin-High von der ersten Pleurapunktion, gelegten Magensonde und Kolektomie so lange wie möglich auskosten.
…und damit: Bonne Chance!
Anna
PS: Das anschauliche Bild habe ich mir hier ausgeborgt: http://www.wz-newsline.de/polopoly_fs/1.90225.1289910541!/httpImage/onlineImage.jpeg_gen/derivatives/landscape_550/onlineImage.jpeg